Update Recruiting im öD

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Die Candidate Experience ist entscheidend

Was Bewerbende bei einem Arbeitgeber anspricht und ihr Interesse weckt, ist zunehmend besser untersucht. Unter dem Begriff Recruiting Trends lassen sich zahlreiche Studien googeln, die die großen Stellenportale (Monster, Stepstone, etc.) in Zusammenarbeit mit Arbeitgebern durchführen. Das aktuell wichtigste Thema ist die sogenannte Candidate Experience – d. h. welche Erfahrungen machen Bewerbende bei der Stellensuche und was führt am Ende dazu, dass sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden. Punkten können Arbeitgeber vor allem mit

  • einer Top-Karriereseite auf ihrer Webseite
  • Tempo im Bewerbungsprozess
  • attraktiven Benefits

Hier können öffentliche Organisationen gezielt ansetzen, um mehr Bewerbende für sich zu gewinnen. Noch immer wird im öffentlichen Dienst zu wenig in interaktive und professionelle Karriereseiten investiert und stattdessen hauptsächlich auf die klassische Stellenausschreibung gesetzt. Auch in unseren Seminaren zu rechtssicheren Auswahlverfahren und Personalgewinnung im ÖD beobachten wir die Fokussierung auf den Text der Stellenausschreibung statt auf interaktive Tools auf einer ansprechenden individuellen Karriereseite. 

Tipps von unseren Expertinnen

Hierzu meine Trainerkollegin Rechtsanwältin Britta Ruiters neulich bei einem Gespräch zwischen uns (Anlass war ein neues AGG-Urteil Wir suchen coole Typen…“ – ist eine solche Stellenausschreibung diskriminierend? Lesen Sie, wie das Arbeitsgericht Koblenz diese Frage entschied. – ArbRB-Blog):

Ruiters WEB rund

RAin Britta Ruiters

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"Viele Teilnehmer*innen in meinen Rechtsseminaren fragen, wie sie Stellenausschreibungen aufpeppen und ansprechender machen können und ich rate immer zur Vorsicht. Selbst wenn Begriffe wie „coole Typen“ nicht diskriminierend sind, aber den Ärger und Aufwand, den man bei einer AGG-Klage hat, sollte man besser vermeiden.“ Mit modernen und peppigen Formulierungen kann leicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen werden. So liegt beispielsweise eine Altersdiskriminierung vor, wenn der Arbeitgeber Mitarbeitende für ein „junges, hochmotiviertes und zukunftsorientiertes Team“ sucht. Die Kombination dieser drei Adjektive weise darauf hin, dass der Arbeitgeber jüngere Bewerber*innen suche. Dagegen verstößt die Formulierung „wir suchen coole Typen“ nicht gegen das AGG. Ich lese Ihnen mal kurz vor, was das Arbeitsgericht Koblenz dazu ausgeführt hat: „Bei dem Wort „cool“ handelt es sich um einen mittlerweile eingebürgerten und in der allgemeinen Kommunikation gängigen Begriff, der weder ausschließlich oder typischerweise nur von jüngeren Personen benutzt noch umgekehrt ausschließlich oder hauptsächlich auf jüngere Personen angewendet wird.“ Sie sehen also, dass Gerichte nicht nur die gewählten Begriffe als solches, sondern auch den Gesamtzusammenhang und den Wortsinn betrachten. Zudem ist im öffentlichen Dienst der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Der besagt, dass öffentliche Arbeitgeber nicht willkürlich Eigenschaften von Bewerbenden verlangen können, sondern alle Anforderungen gerechtfertigt werden müssen. Wieso können also nur „coole“ Typen die geforderten Tätigkeiten erfüllen?!"

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Kress 4c Rund   Dr. Susanne Kress

"Das sehe ich auch so. Ich empfehle, sich bei der Stellenausschreibung möglichst auf die aussagekräftige und konkrete Beschreibung der Aufgaben und Kompetenzen zu konzentrieren und zusätzlich einen Link zu einer interaktiven Karriereseite des Hauses zu setzen. Bewerbende bleiben nicht lange bei einer Stellenausschreibung, sondern googeln bei Interesse möglichst schnell den Auftritt des Arbeitgebers. Eine professionelle Karriereseite bietet so viel mehr Möglichkeiten für weitere Infos zur Stelle, Fotos, Benefits etc. Ich habe in neueren Studien gelesen, dass Bewerbende auch möglichst auf das Anschreiben verzichten möchten und einfach nur ein Kurzprofil (die sog. One-Klick-Bewerbung) als PDF schicken, um erst einmal zu checken, ob der Arbeitgeber interessiert ist. Wie sehen Sie das rechtlich? Wie soll ein öffentlicher Arbeitgeber mit solchen Bewerbungen umgehen?"

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Ruiters WEB rund  RAin Britta Ruiters

"In rechtlicher Hinsicht ist zweifelhaft, ob es sich um eine aussagekräftige und ernsthafte Bewerbung handelt, und daher haben mögliche AGG-Klagen wenig Aussicht auf Erfolg. Insbesondere jedoch, wenn Bewerbende anbieten, aussagekräftige Unterlagen nachzureichen, würde ich das Risiko nicht eingehen und die Bewerbenden unberücksichtigt lassen. Ich empfehle in einem solchen Fall den Arbeitgebern, die Bewerbenden aufzufordern, kurzfristig aussagekräftige Bewerbungsunterlagen nachzureichen und sollten sie dieser Aufforderung nachkommen, die Bewerbenden auch in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Aus meiner Sicht bedingt schon der bestehende Fachkräftemangel, das Potential dieser Bewerbenden zu berücksichtigten. Mit kurzfristig verbinde ich hier einen Zeitraum von einer bis maximal zwei Wochen, denn wie oben bereits gesagt, ist das Tempo des Auswahlprozesses für Bewerbende wichtig und daher dürfen One-Klick-Bewerbungen nicht zu einer Verzögerung des Auswahlprozesses führen."

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Kress 4c Rund  Dr. Susanne Kress

"Ja, das Thema „Tempo“ ist aktuell Nr. 1 auf der Rankingliste der Bewerbenden. Deshalb ist es sehr hilfreich, den Auswahlprozess schon vor der Ausschreibung terminlich durchzustrukturieren. Ideal ist, wenn der voraussichtliche Termin für die Vorstellungsgespräche schon in der Stellenausschreibung erscheint. Interessierte Bewerber*innen, aber auch alle Mitglieder des Auswahlgremiums, blocken sich diesen Termin und bei Bewerbenden ist das ein sehr positives Zeichen für zügige Prozesse und die Professionalität eines Arbeitgebers. Deshalb gehört die Darstellung des strukturierten Bewerberprozesses (Schritte, Termine, Ansprechpartner u. ä.) unbedingt auch auf die Karriereseite. Die wichtigsten Tools und Inhalte von Karriereseiten habe ich hier in einem schnellen Überblick zusammengestellt.":

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Wichtige Tools & Inhalte von Karriereseiten

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Kress 4c Rund

Dr. Susanne Kress 
Geschäftsführerin PIW
Personalberaterin & Organisationsentwicklerin

 

(Artikel aktualisiert am 27.02.2024)

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