Wegfall der Suchpflicht des Dienstherrn bei verweigerter amtsärztlicher Untersuchung
Mit Urteil vom 27. Juni 2024 (Az. BVerwG 2 C 17.23) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Beamter, der sich einer rechtmäßig angeordneten amtsärztlichen Untersuchung verweigert, damit die Feststellung seiner Dienstunfähigkeit vereitelt und der Dienstherr deshalb nicht verpflichtet ist, eine anderweitige Verwendung zu prüfen.
Hintergrund ist der Fall einer Grundschullehrerin (Besoldung A 11), deren Unterrichtstätigkeit untersagt wurde, weil es mehrfach zu dienstlichen Konflikten mit Schülern, Eltern, Kollegen und der Schulleitung gekommen war. Diese Ereignisse führten zu einem Dienstverbot aufgrund „pädagogisch unangemessenen Verhaltens“ und Missachtung dienstlicher Weisungen. Der Dienstherr leitete ein Disziplinarverfahren ein und forderte sie mehrmals schriftlich auf, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und ihre Dienstfähigkeit zu klären. Besonders entscheidend war, dass in der Anordnung auch erwähnt wurde, dass das Gesundheitsamt in einer Stellungnahme mögliche Hinweise auf eine wahnhafte psychische Störung sah. Die Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit gründeten sich auf die Fülle und Intensität ihrer dienstlichen Konflikte sowie auf den Hinweis auf eine mögliche wahnhafte Störung – was aus Sicht des Dienstherrn eine ernsthafte Leistungsbeeinträchtigung nahelegte und die Anordnung rechtfertigte.
Aber: Die Klägerin erschien zu keinem der Termine zur amtsärztlichen Untersuchung.
Das Gericht stellte klar, dass die Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung rechtmäßig war. Sie beruhte auf konkreten und nachvollziehbaren Zweifeln an der Dienstfähigkeit, insbesondere wegen der Vielzahl und Intensität der dienstlichen Konflikte der Lehrerin. Diese Vorfälle waren ausreichend deutlich geschildert, sodass die Lehrerin erkennen konnte, warum die Untersuchung angeordnet wurde und was von ihr erwartet wurde. Ihre wiederholte Weigerung, sich untersuchen zu lassen, wertete das Gericht als eine Vereitelung der Beweisführung. Infolge dieser Weigerung durfte der Dienstherr davon ausgehen, dass eine generelle Dienstunfähigkeit vorliegt.
In der Konsequenz entfiel nicht nur die Pflicht, eine andere Verwendung zu prüfen – mangels jeglicher ärztlicher Erkenntnisse war von einem vollständigen Ausfall („fehlendes Restleistungsvermögen“) auszugehen – sondern die Klägerin wurde auch in den Ruhestand versetzt.
(Artikel erstellt am 16.06.2025)
Unser SommerCamp-Seminar zu diesem Thema
Die Anforderungen an die amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit am 01. Juli 2025 (online)
.
Die Verfasserin
RAin Britta Ruiters
Rechtsanwältin und PIW-Trainerin
.
Beratungs- und Trainingsschwerpunkte
- Individualarbeitsrecht
- Tarifrecht im öffentlichen Dienst und artverwandte TV
- Beamtenrecht
- Betriebsverfassungs-/Personalvertretungsrecht
- Aktuelle Themen für die Wirtschaft und den öffentlichen Dienst
- Reisekostenrecht
- Lohnpfändung
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- Rechtliche Grundlagen der Personalauswahl
.